Wahnsinn An der Grenze

soundcheck 39
19. Juni 2010


Wahnsinn
An der Grenze

Wolfgang Rihm
Klavierstück Nr. 6, Bagatellen
Wölfli-Liederbuch für Bassbariton und Klavier
Robert Schumann
aus den Gesängen der Frühe für Klavier op. 133
Bewegt und Im Anfange ruhiges, im Verlauf bewegteres Tempo
Wolfgang Rihm
Hölderlin-Fragmente für Gesang und Klavier

Johannes M. Kösters - Bariton
Ulrich Roman Murtfeld - Klavier

Mit einem Essay von Prof. Dr. Marianne Leuzinger-Bohleber
„Von der Wiege bis zum Graab. Oder, Durch arbeiten und schwitzen, leiden und Drangsal bettend zum Fluch...“, so Adolf Wölfli (1864-1930), der Schweizer Maler, Dichter und Musiker und einer der wichtigsten Vertreter der Art Brut oder der Outsider Art. Nach einer grausamen Kindheit als misshandeltes Verdingkind wurde er wegen „versuchter Notzucht an Minderjährigen“ verurteilt, 1895 als gemeingefährlicher Schizophrener in die Psychiatrische Klinik Waldau bei Bern eingewiesen und bis zu seinem Tod dort verwahrt. Auf 25.000 zu Heften gebundenen Seiten schuf er eine wahnhafte Welt, seine alternative Autobiographie, mit dem Protagonisten Skt. Adolf II., einer visionären (daher harmlosen) Vorform eines anderen Adolf des 20. Jahrhunderts.
Wie Wölfli taumelt Hölderlin auf der fließenden Grenze zwischen genialer Kreativität und entsetzlicher Einsamkeit im Wahnsinn: Verwegner! Möchtest von Angesicht zu Angesicht --- Die Seele sehn --- Du gehest in Flammen unter.
Die Gedankenwelt dichtender Grenzgänger inspiriert Komponisten seit dem 19. Jahrhundert, ihre eigene Arbeit schaffend zu reflektieren.